Telefon E-Mail Serviceanfrage Suche
 
TELEFON

Rufen Sie uns an unter +49 (0)89 461 487-0

Unsere Service-Hotline +49 (0)89 461 487-222

 
SERVICEANFRAGE

    Medizinische Dokumentation: Spracherkennung vs. Schreibkraft?

    Interview mit Rolf Zeuschner, Geschäftsführer ABC Office 24 GmbH

    abc_logo

    Die Digitalisierung der medizinischen Dokumentation gilt als einer der Schlüssel für mehr Qualität bei gleichzeitig geringerem Personalaufwand im Krankenhaus. Kein Wunder also, dass die „Digitale Pflege- und Behandlungsdokumentation“ fester Bestandteil des KHZG (FTB 3) ist. Das ist gut und richtig. Spätestens seit der möglichen Förderung durch das KHZG hat sich jedoch die Ansicht durchgesetzt, dass Spracherkennungslösungen allein das Dokumentations-Dilemma lösen können und menschliches Eingreifen somit gänzlich obsolet ist.

    Die neue Logik lautet: Wir kaufen eine Spracherkennungssoftware und kündigen dem Schreibdienst. Rechnungen wie diese werden aber abseits der Realität gemacht und gehen in der Praxis nicht auf. Ihnen liegt ein falsches Grundverständnis darüber zugrunde, welche Aufgaben Spracherkennung im Dokumentationsprozess übernehmen kann und soll. Das ist schade, weil der Ruf der Spracherkennung darunter leidet. Zum einen, weil sie den Anforderungen vermeintlich nicht gerecht wird. Zum anderen, weil sie Prozesse zu entmenschlichen droht. Rolf Zeuschner, Geschäftsführer der ABC Office 24 GmbH, einer der führenden medizinischen Schreibdienste, hätte allen Grund, in diese Klagen einzustimmen; schließlich gefährdet die Entwicklung auf dem Markt der Spracherkennung das Fundament seines Geschäftsmodells. Oder etwa nicht? Ein Gespräch mit einem, dessen Beruf
    auf dem Prüfstand steht.

    Voice: Herr Zeuschner, wie ist Ihr Verhältnis zur Spracherkennung?

    Rolf Zeuschner: Die Spracherkennung ist aus meinem Arbeitsalltag nicht mehr weg zu denken, längere E-Mails diktiere ich fast ausschließlich. Und ich kenne nahezu keine Branche, in der die Spracherkennung nicht einen sinnvollen Nutzen stiften kann. Vor ein paar Jahren sah das noch anders aus, aber mit der sprunghaft gestiegenen Rechenleistung und den exzellent trainierten Algorithmen ist die Spracherkennung zum echten Segen im Arbeitsalltag geworden.

    „Der Abgesang auf die Schreibbüros ist nicht nur verfrüht, sondern auch unbegründet.“

    Voice: Aber die Spracherkennung torpediert doch Ihr Geschäftsmodell, schließlich leiten Sie einen Schreibdienst?

    Rolf Zeuschner: Das stimmt nur zum Teil. Unsere Arbeitswelt wandelt sich – aber welche tut das nicht? Wir können die Entwicklung nicht aufhalten. Und wir wollen es auch gar nicht. Die Frage ist doch, welche Rolle wir in den neuen Arbeitsszenarien übernehmen können. Der Abgesang auf die Schreibbüros ist nicht nur verfrüht, sondern auch unbegründet. Denn Spracherkennung allein wird die Prozesse rund um die Arztbriefschreibung und Dokumentation nicht verbessern. Nicht heute und auch nicht morgen.

    Voice: Wie sieht denn die Arbeit Ihrer Schreibkräfte heute aus?

    Rolf Zeuschner: Wichtig ist zu verstehen, dass unsere Schreibkräfte fest in die klinischen Abläufe eingebunden sind. Wir machen keine Urlaubsvertretung oder springen ein, falls mal Not am Mann ist. Die Schreibkräfte haben unterschiedliche medizinische Fachrichtungen, auf die sie spezialisiert sind und in deren Terminologien und Anforderungen an die Arztbriefschreibung sie sich auskennen. Konkret sieht die Arbeit dann so aus, dass sich eine Schreibkraft in das KIS eines Kunden einklinkt und dort entweder die abgelegten digitalen Diktate schreibt oder aber die Briefe, die via Spracherkennung in das KIS geschrieben wurden, korrigiert. Anschließend fügt sie oder er weitere Befunde oder Laborwerte ein, sorgt für die richtige Formatierung und schließt den Vorgang ab. Ab und an wird auch noch mit analogen Kassetten gearbeitet. Aber das ist eher selten. In den meisten Fällen sind die Prozesse schon digital und finden im KIS statt. Das hat auch den Vorteil, dass keine medizinischen Daten die Klinik verlassen.

    „Es kam noch nie vor, dass ein Dokumentationsprozess gänzlich ohne Schreibkräfte dauerhaft gut funktionierte.“

    Voice: Aber wenn nun immer mehr Ärztinnen und Ärzte die Spracherkennung für die Brieferstellung nutzen, dann braucht es doch niemanden mehr, der da nochmal Hand anlegt?

    Rolf Zeuschner: Das ist eine Fehleinschätzung. Seit 2010 beraten wir Kliniken bei der Etablierung intelligenter Dokumentationsprozesse. Wenn ich dabei eines gelernt habe, dann, dass die Dokumentation in fast jedem Haus unterschätzt und stiefmütterlich behandelt wird. Mit dem Boom der Spracherkennungslösungen ist das eher schlimmer als besser geworden, weil die Entscheider glauben, dass der ganze Prozess nun automatisch läuft. Dem ist aber nicht so. Es braucht eine geeignete Strategie. Die sieht in jedem Haus anders aus und wir helfen dabei, eine solche zu entwickeln. Zunächst analysieren wir die Gegebenheiten und dann machen wir Vorschläge, an welchen Stellen eine Spracherkennungssoftware sinnvolle Dienste leisten kann. Es kam noch nie vor, dass ein Dokumentationsprozess gänzlich ohne Schreibkräfte dauerhaft gut funktionierte. Geschäftsführer, die das glauben, verkennen häufig, dass dann die Ärztinnen und Ärzte selbst als Schreibkräfte fungieren. Und dann wird es teuer – und unter Umständen ungemütlich, weil das medizinische Personal unzufrieden wird. Oder weil die Zuweiser unzufrieden werden, wenn die Behandlung aufgrund fehlender Briefe stockt.

    Voice: Worin liegt denn das Problem? Woran scheitert der alleinige Einsatz von Spracherkennungslösungen?

    Rolf Zeuschner: Zum einen daran, dass ein guter Arztbrief gewisse Standardisierungen und Formatierungen erfüllen sollte. Es müssen Korrekturen vorgenommen und Dokumente hinzugefügt werden, die vielleicht nur per Scan vorhanden sind und noch bearbeitet werden müssen, damit sie für den Brief verwendet werden können. Das frisst Zeit. Ein routinierter Schreibdienst, der sich ausschließlich um diese Dinge kümmert, kann das schnell und zuverlässig erledigen. Andernfalls liegt der Brief vielleicht einige Tage oder ist unvollständig. Zum anderen, und das ist das wichtigere Thema, arbeiten heute zunehmend internationale Fachkräfte in den Krankenhäusern. Für diese stellt die Spracherkennung in vielen Fällen keine Hilfe dar, wenn die Briefe abschließend nicht noch einmal korrigiert werden. In der Praxis ohne Schreibdienst bleibt diese Aufgabe dann oft an den Oberärzten hängen, die sich plötzlich damit konfrontiert sehen, die Arztbriefe ihrer Assistenzärzte Korrektur zu lesen. Das ist weder wirtschaftlich noch wertschätzend.

    „Es wäre übrigens schon ein Fortschritt, wenn überhaupt anerkannt werden würde, dass die Dokumentation ein relevanter Geschäftsprozess in Krankenhäusern ist.“

    Voice: Wie kann denn eine gute Dokumentationsstrategie aussehen?

    Rolf Zeuschner: Wie gesagt, ist das recht individuell. Grundsätzlich gilt aber, dass Spracherkennung und Schreibdienst Hand in Hand gehen müssen. Vielleicht sind nicht mehr zehn Schreibkräfte nötig, sondern nur noch drei. Aber die braucht es, um die Prozesse am Laufen zu halten. Zum Beispiel, um Briefe zu korrigieren oder zu formatieren. Wir haben viele Krankenhäuser, für die wir nicht mehr schreiben, sondern diesen nachgelagerten Prozess der Korrektur und des Zusammenführens von Dokumenten übernehmen. Es wäre übrigens schon ein Fortschritt, wenn überhaupt anerkannt werden würde, dass die Dokumentation ein relevanter Geschäftsprozess in Krankenhäusern ist, der ja letztlich auch erlösrelevant ist. Das ist heute oft nicht der Fall.

    Voice: Mit welchen Gefühlen blicken Sie denn auf die KI-basierten Prozesse rund um das Thema Natural Language Processing, die weit über die Arztbriefschreibung hinausgehen?

    Rolf Zeuschner: Ebenfalls gelassen. Ich würde es als großen Fortschritt erachten, wenn die Dokumentation in der Pflege künftig durch Sprachlösungen unterstützt wird. Auch hier können wir sicherlich unterstützen, denn
    die sprachlichen Barrieren sind in diesem Bereich erst recht vorhanden. Auch hier wird es ohne Unterstützung nicht gehen. Die Frage, die sich dabei allerdings stellt, ist, wie wir technisch in den Dokumentationsprozess eingebunden werden können. Wer bezahlt die Schnittstelle: Der KIS-Anbieter? Der Spracherkennungshersteller? Das Krankenhaus? Darüber hinaus müssen solche Schnittstellen von der IT betreut werden, und die hat in den Krankenhäusern wahrlich genug zu tun. Die Einbindung von Schreibdiensten in den weitergehenden Dokumentationsprozess ist also weniger eine inhaltliche als eine technische Frage. Aber auch auf die wird es Antworten geben, da bin ich optimistisch.

    Voice: Vielen Dank für das Gespräch.

    Weitere Informationen: www.abc-office.de

    Über ABC Office 24

    Das Unternehmen an der Müritz ist der größte medizinische Schreibdienstleister in Deutschland. Es unterstützt Ärzte bei einer tagesaktuellen Dokumentenverfassung, zum Beispiel bei OP-Berichten, Befundschreibungen und Entlassungsberichten. Die hervorragend ausgebildeten Schreibkräfte, die bei ABC Office 24 arbeiten, sind mit unterschiedlichsten medizinischen Terminologien sämtlicher Fachgebiete vertraut und kennen die wichtigsten KIS-Systeme und deren Arztbriefschreibungsmodule genauso wie alle digitalen Diktat- und Spracherkennungssysteme.

    Download PDF Fachartikel “Medizinische Dokumentation”
    Rolf Zeuschner ABC-Office
    Rolf Zeuschner, Geschäftsführer ABC Office 24 GmbH